Bibliotheken geholt wird, wenn wir blättern und zu lesen beginnen, dann ist das, denke ich, die sinnfälligste Form, die Autorin zu ehren und dieser neuerliche Lektüreanstoß kann und sollte zum 100. Geburtstag noch auf ganz besondere Weise geschehen.

Der Hannah-Arendt-Weg verläuft in den Flußauen, wo die Wäscherinnen vergangener Zeiten ihre Wäsche wuschen und zum Trocknen ausbreiteten oder aufhängten. Nicht weit von hier wurde sie „gebleicht“. Dieses Bild aus der Alltagsgeschichte kann heute in verwandelter Weise wiederkehren. Es bräuchten nur ein paar Beherzte am 100. Geburtstag der großen Dame, eine lange (Wäsche-) Leine den Hannah-Arend-Weg hinauf und hinunter zu ziehen, resp. zu spannen, um statt unzähliger Wäschestücke bedruckte weiße Seiten ihrer ganz persönlichen Hannah-Arendt-Lektüre zur Verfügung zu stellen und diese Lieblingspassagen in unterschiedlichem Format

aufzuhängen, sodass dies schon von Ferne ein beeindruckendes Bild abgäbe. Die Verwandlung dieser „Leinen“ in einen schon weithin sichtbaren Wortfluss, einer vielfältigen und von vielen Leserinnen und Lesern vorgenommenen Textauswahl, schafft eine Sprech-, Lese- und Bewegungssituation, die Fluss und Weg nahe legen.

Texte, Textpassagen aus Arendts umfangreichem Werk, ihrer Biographie, ihren Briefen, ihren Gedichten werden hier nicht von wissenschaftlich geweihten Interpreten zitiert, sondern von denen ausgewählt, die sie auch „an der Leine“ und auf den Leinen aufhängen und das ist allen möglich, die sich von dieser Idee angesprochen fühlen. Für diesen künstlerischen Geburtstags-Akt braucht es nicht mehr als ein Kopiergerät, das DIN A3 bis A1 (oder sogar DIN A0) Formate herstellen kann. Es bleibt jedem überlassen, Anstreichungen, Kommentare und dergl. an die Seiten-

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