Hannah
Arendt

Der Lebensweg unserer Namensgeberin Hannah Arendt (1906-1975) zwischen Hannover, Königsberg, Marburg, Heidelberg, Berlin, Paris und New York ist nicht nur der der Flucht und des Exils. Eine derartige Existenz hat auch Formen der Forschung und der Erkenntnis hervorgebracht, die das traditionelle Wissenschafts- verständnis aufbrechen.

Arendt hat sich nie auf eine „realistische“ Politik- wissenschaft oder eine Fachphilosophie festlegen lassen. Nach ihrer Auseinandersetzung um die Staats- gründung Israels als Mitglied von Jehuda Magnes Partei „Einheit“ (Ikhud) verlor sie alle Illusionen über parteipolitische Festlegungen im Praktischen, als ihr in den 40er Jahren deutlich wurde, daß das föderative Konzept für Araber und Juden scheiterte.

Ihre Anerkennung als „selbstbewusste Paria“ durch die US-Behörden, ihre Verwurzelung in New York, daß sie der NS-Repression bzw. dem Holocaust nur knapp entkommen, interpretierte sie als ihr neuerworbenes Recht „Rechte zu haben“: dankbar und kritisch zugleich. Und doch wäre sie heute in ihrer „non-german-attitude“ erstaunt, wie in Europa um Partizipation, Konstitution und Neubeginn gerungen wird. Auch Hannover, als politisches Gemeinwesen der „parvenus“, wäre nicht mehr eindeutig - und schon das hätte ihrer Melancholie, wenn auch nur geringfügig, den Boden entzogen.

<<<     Zur Einführung

Wolfgang Heuer: Europa und seine Flüchtlinge