März 2015


Liebe FreundInnen der Arendt-Bibliothek,

wenn wir bis jetzt im Rathaus die angebliche Begegnung von Wissenschaft und Politik hatten (Epoche Schmalstieg und Weil), hier nun zur Erheiterung Hannah Arendt als pinkige Hip-Hopperin (Schostock)[1]. Gut, dass nicht alle Angesprochenen mit ihrem Skatebord bereits lokal verankert sind, sondern sich als Arendt-Neulinge mithilfe von drei Anfahrtsskizzen den Real-Orten des gut verpackten Nichts nähern dürfen. Die rebellisch klingende Frage „Wem gehört die Stadt“ ist bereits vorweg beantwortet: denen, denen sie immer schon gehörte ....

Wer Hagida, Salafisten, Neonazis, Autonome und auch Hooligans als Gegner hat, wer die Brandgeruch-Strategie der Blockupy-Bewegung ausblendet, kann „politische Willensbildung“ im Sinne Arendts auch nicht mehr denken, geschweige denn derartige Auseinandersetzung mit Inhalten als Teil der politischen Aktion organisieren. Die Freiheit, eine Tagesordnung oder ein Thema zu benennen, hat das Design, der Reptilienfonds und das Hinterzimmer übernommen:

Menschenrechte, Verfassung und die schwarz-rot-goldenen Barrikaden wurden den Populisten überlassen ... und nur in peinlichen Ausnahmefällen bedeutet man dem eifrig dialogisierenden Volk: entscheiden tun andere. Die repräsentative Verfassung ist in’s Rutschen gekommen und niemand wagt von Arendts Hauptwerk zu sprechen: On Revolution.

Niemand ? „Europa ist verlobt mit dem schönen Geniusse“ formuliert Heine im Vormärz, im alten Russland hiessen solche hoffnungsschwangeren Zeiten: „Tauwetter“ und, seien wir ehrlich: in Hannover fehlt es, bis jetzt, an Genie !


Beste Grüsse,

Walter Koch


[1] http://hannah-arendt-hannover.de/?p=269