November 2009

Nachklang und Vorschein zu den Hannah-Arendt-Projekten 2010 —
Ein Bibliotheks-Gespräch

(Sa., 21.11.09)

Anwesend: Walter (Protokoll), Moritz (AK-Leiter), Inana, Fettah, Oskar, Bekim, Alia, Calal, Mernusch, Mustapha (AK-Leiter)

Persönliche Vorstellung und Planung

(1) Walter stellt aus seiner Sicht die Interessengebiete der Hannah Arendt Bibliothek vor, beschränkt sich in der Darstellung zunächst aber auf einen Bericht zum Jahr 2009.

(2) Im Anschluss gibt uns Moritz einen Einblick in die Arbeit des AK "Theorie und Praxis" und seine Methoden der kommunikativen Guerilla. Er erläutert das am Beispiel der universitären Zuarbeit für den Rüstungssektor: Übergabe eines fiktiven Schecks an den Rektor vor Audimax-Publikum, das über die Forschungszusammenhänge zum Militär kaum informiert ist.

(3) Inana berichtet davon, daß sie im Rahmen des Bibliotheksverbundes bereits Bücher in arabischer Sprache katalogisiert hat und — was dann noch mehr Bewunderung erzeugt, dass sie Gedichte schreibt, die z. B. bei Veranstaltungen der Hannah Arendt Bibliothek vorgetragen wurden.

(4) Fettah stellt sich mit zwei Vorschlägen vor, die er gerne realisiert haben möchte:
(a) "Festival der Sprachen" nach dem Muster derartiger Veranstaltungen in Frankreich. Der Klang der Vielfalt sollte im Zentrum der Stadt erlebbar werden. Walter weißt auf die bereits laufenden Projekte der "Rucksackmütter" hin, die von Frau Knoke (LHH) organisiert werden und die eine größere Bühne brauchen könnten (ein wunderbarer Anfang am Schillerdenkmal: vietnamesisch und arabisch von Schülern gelesen). Eine zusätzliche Anregung kommt von Oskar für den Namen/Titel der Aktion: "Sprachen — los!"
(b) Einladung des Künstler Ali Kaitouni aus Fès, der in den Jahren der Repression wegen eines Gedichts zu 10 Jahren Gefängnis verurteilt wurde. Zusammen mit Amnesty International könnte Fettah’s Dokumentarfilm gezeigt werden und eine Ausstellung in Hannover organisiert werden.

(5) Oskar berichtet über die Gründung des Hannah Arendt Stipendiums (2000) und über die Namensgebung der Bibliothek (2005) und erklärt uns, warum die jüdischen Flüchtlinge der 30iger Jahre, die Arendt, selber im Pariser Exil, bei der Flucht nach Palestina unterstützt hat, unser Motiv waren, um unseren Bibliotheksverbund nach Hannah Arendt zu benennen. Hannah Arendt wäre die erste, die heute für Auswanderer und Flüchtlinge, die die besetzten Gebiete verlassen, einträte. Ihr Freiheits-, Rechts- und Politikverständnis irritiert eben nicht nur Diktatoren sondern auch Demokraten, die die Demokratie an den Besitz der Staatsbürgerschaft binden wollen.
Oskar kommt aber sehr schnell auf seine biografische und künstlerische Verwicklung mit dem Allernächsten zurück und berichtet aus dem Dorf Langlingen bei Celle über persönliche Bezüge zu diesem Flecken Erde, die ihm dort sehr viel später das Aufspüren des albanischen Lyrikers Bekim Morina besonders dringlich gemacht haben: Langlingen war der "Geburtsort" des Schriftsteller Oskar Ansull, hier hat er entschieden, sich ganz der Literatur zu widmen. Es kam ihm wie ein déja vu Erlebnis vor, als er nach Berlin übersiedelt, von einem "Asylbewerber" an diesem Ort zu hören, der Gedichte schreibt....

(6) Bekim kommt aus dem Kosovo. Als er das Wort ergreift, hören wir, wie ihm nach einigen Jahren der Einsamkeit, die durch Behördenbriefe lediglich verstärkt wurde, die Einladungen von Joachim Göres (Celler Zeitung, FR), Oskar und Walter an andere und neue Orte führten und eine andere Sprache bereits in den Briefen spürbar wurde.
Er weist auf seinen Job als Buchhändler hin und auf eine größere Gruppe "Migranten helfen Migranten" die die Isolation und Parallelwelt der Communities in Celle und Umgebung aufbrechen will.

(7) Calal präsentiert sich als Lehrbeauftragter der Universität und als Kenner der Minoritäten und ihrer Rechte: hier in Deutschland und auch im Nahen Osten.

(8) Alia ist syrische Kurdin. Sie berichtet über ihren Integrationsweg von Schleswig-Holstein nach Hannover, ihre Studien und Ausstellungen als Malerin und schlägt vor, mit den wissenschaftlichen Hannah Arendt Einrichtungen (Dresden, Oldenburg, Berlin, New York) in Kontakt zu treten. Darüber hinaus ist sie der Meinung, dass unsere Bibliothek eine Zeitschrift herausgeben soll.

(9) Mehrnusch arbeitet im Arbeitskreis "Exil-Literatur im Kulturvergleich" bei Noshin mit. Sie berichtet über ihre Umschulung zur systemischen Familientherapeutin und plädiert für einen anderen Umgang in den männer-dominierten Literatur- und Bibliothekszirkeln. Sie meint, dass positive Energie manchen fruchtlosen Streit der Männer beenden könnte.

(10) Mustapha ist fertiger Elektro-Ingenieur und arbeitet im AK "Internationale Integration" unter ausländischen Studierenden, darüber hinaus hat er sich einem von der Botschaft initiierten deutsch-marokkanischen Kompetenz-Netzwerk angeschlossen.

Zum Abschluss entsteht ein sehr positives Bild gegenseitiger Hilfe (bei der Bibliotheksarbeit, bei den Arbeitskreisen und im Veranstaltungsbereich). Leider habe ich einige neue Kontakte noch nicht angesprochen bzw. Eingeladene waren verhindert: die "Fund-Raiser" (Nana, Jürgen, Niko, Klaus-Dieter), die Sarrazin-Kritiker (Abdi, Jens), die Bibliotheksspezialisten (Katrin, Niko, Gudrun) und die Arendt-Experten (Wolfgang, Reinhard). Von der Kurdischen Bibliothek einmal ganz zu schweigen.... Aber dann hätten wir bestimmt doppelt so lange getagt (6 Stunden....)

Es werden daher Folgetreffen im Dezember/ Januar/ Februar mit thematischen Schwerpunkten verabredet, zu denen schon jetzt darum gebeten wird, positiv mit Termin-Vorschlägen aufzuwarten:

Wann passt’s, wann ist es günstig?